Sonntag, 29. November 2009

Jordanien



Eines gleich vorneweg: der Kurztrip nach Jordanien wird bestimmt eines, wenn nicht sogar d a s Highlight unseres Auslandsaufenthaltes gewesen sein. Dass sich ein weiterer Jugendtraum erfüllt - nun gut. Dass Jordanien ein Land voll sympathischer Menschen und unglaublicher Landschaften ist - auch das konnten wir vorher nachlesen. Aber Petra ist ohne Übertreibung sicherlich einer der faszinierendsten und beeindruckendsten Orte, die es gibt. Aber der Reihe nach...

Mit dem Taxi ging es von Jerusalem zur berühmt-berüchtigten 'Allenby-' oder 'King Hussein Bridge', die ausschließlich von Palästinensern und Fußtouristen als Übergang benutzt werden darf. Ohne obligatorisches Visum, dafür aber mit Dienstpässen und unseren zwei blonden 'Türöffnern' kamen wir überraschend einfach durch alle Kontrollen, sowohl auf israelischer als auch jordanischer Seite. Im Niemandsland verkehrt ein Shuttlebus durch vermintes Gebiet, vorher verabschiedet man sich für lange Zeit von seinem gesamten Gepäck samt Pässen. Die Israelis lassen sich die Ausreise übrigens teuer bezahlen, mit ca. 50 € wird man dafür 'bestraft', das heilige Land über die Westbank (und nicht über einen der offiziellen Grenzen weiter nördlich bzw. im äußersten Süden) zu verlassen.

Auf der anderen Seite des Jordantals angekommen, erwartete uns bereits unser Mietauto und brachte uns nach insgesamt 9 Stunden Reisezeit in unser Hotel nach Wadi Musa. Schon die Autofahrt auf dem 'Desert Highway' war beeindruckend: nach Osten hin nichts als endlose Wüste, dafür aber alle 5 km Geschwindigkeitsmessungen der Highway Police. Aber bei nur 2 Autobahnen in ganz Jordanien müssen die Jordanier eben schauen, wie sie ihre Bußgelder zusammen bekommen...

Am folgenden Tag war es dann endlich so weit. Schon von Weitem begrüßten uns die "Taxi! Taxi" - Rufe, womit natürlich die Pferde und Kutschen gemeint waren, die einem das Laufen ersparen sollten. Vorbei ging es an den 26 Djinn-Blöcken, in denen nach arabischem Volksglauben die djinn (Geister) hausen sollen. Aber auch die ersten Gräber wie das Obeliskengrab oder das Bab el-Siq Triclinium gaben einen Vorgeschmack auf das Kommende.

Dann ging es endlich hinein in den engen Siq (Schlucht), in dem man sich sofort an Indiana Jones erinnert fühlt. Die Schlucht selbst ist wie eine Galerie nabatäischer Vergangenheit: in den Felsen geschlagene Wasserkanäle, nabatäische Graffiti, Treppen, die ins Nichts führen. Der Siq verengt sich immer mehr, je weiter man nach unten kommt. Und ganz plötzlich , an seinem tiefsten, engsten und dunkelsten Punkt, öffnet sich der Blick auf das berühmte Schatzhaus...



Vom Schatzhaus selbst ging es dann zwischen Gräbern in allen Größen, teilweise schon im Erdboden verschwunden, in den äußeren Siq, der am Ende vom klassischen Theater begrenzt wird. Es ist unvorstellbar, wie all diese Bauten im 1. Jahrhundert v.Chr. mit bloßer Hand aus dem Felsen geschlagen wurden. Abseits vom Hauptweg kann man sich unzählige weitere Gräber und Höhlen erklettern, ein Riesenspaß vor allem für die Kinder. Und als wir nachmittags ziemlich erschöpft die Königsgräber gegenüber des Theaters erreicht hatten, fiel unser Blick auf viele weitere Ruinen etwas weiter entfernt - der eigentlichen antiken Stadt Petra! Zurück ging es im Regen (!) den gleichen Weg, aber erst auf dem Rücken der Eltern, dann des Pferdes...


Am nächsten Tag haben wir uns dann den Aufstieg auf das Kloster auf ca. 1000m vorgenommen. Nach langer - letztlich wenig erfolgreicher - Feilscherei erstanden wir zwei jordanische Kopftücher gegen die Sonne und hatten auch das Glück, von zwei Jungs mit ihren Eseln angesprochen zu werden. Unsere inzwischen laufmüden Kinder konnten so den restlichen Weg nach Petra, vor allem aber die mehr als 800 aus dem Felsen gehauenen Stufen zum Kloster hochreiten, die Eltern immer im Stechschritt schnaufend hinterher. Oben bietet sich dann wieder ein ähnliches Bild, mit bizarren Felsformationen, aus dem Stein gehauenen Höhlen und Gräbern und Petras besterhaltenem Monument, dem 47 Meter hohen und 40 Meter breiten Kloster.

Nach einer wohlverdienten und dringend benötigten Vesperpause mit Esel- und jordanischen Kinderbesuchen setzten wir dann unsere Gebirgswanderung fort, bis es definitiv nicht mehr weiterging. Auf mehreren schwindelerregenden Aussichtsplattformen hat man eine grandiose Fernsicht über den steil abfallenden Canyon, das Tote Meer, die Negev-Wüste...


Nach gut 800 Stufen Abstieg und weiteren ca. 5 km nahmen wir uns dann doch ein 'Taxi' - sehr hoch, extrem schaukelig und ganz schön launisch, aber ein Riesenspaß. So gingen zwei Tage in Petra wie im Flug vorbei, dabei gäbe es noch so viel mehr in der Umgebung zu besichtigen. Aber dies wird sicherlich nicht unser letzter Aufenthalt in Jordanien gewesen sein, nicht zuletzt wegen der unglaublich sympathischen und kinderlieben Art der Jordanier.


Dienstag, 13. Oktober 2009

Oktoberfest in Taybeh


Jeden Tag pendeln wir zwischen Okzident und Orient, zwischen jüdischer und muslimischer, israelischer und arabischer Welt hin und her. Inzwischen ist das schon fast Normalität geworden, aber wenn man Jerusalem in nördlicher Richtung verlässt, den checkpoint überquert und Richtung Ramallah fährt, verlässt man erst wirklich das Westliche und taucht ein in die Realität der Palästinenser. Hier begegnen einem Esel als Fortbewegungsmittel, viele ausgewaschene Straßen und - das Oktoberfest!


Im Bergdorf Taybeh konnten wir miterleben, wie lebensfroh die Palästinenser feiern, bei ohrenbetäubender Musik, Folkloretänzen und natürlich viel Bier.








Unsere blonden Kinder wurden ebenfalls bestaunt, und nachdem Inja die palästinensische Flagge auf die Backe gemalt bekommen hat, brachen alle Dämme. Wir hatten schon überlegt, ob eines der Photos, das von ihr geschossen wurde, von der Hamas aus politischen Motiven zweckentfremdet würde...







Bei diesen Anlässen trifft man immer wieder auf alte Bekannte: Rüdiger und Katja etwa, die nach ein paar Jahren Afghanistan nun für die WHO in den palästinensischen Gebieten arbeitet; Ritwan und Uli, die nach Aufenthalten im Jemen und der Dominikanischen Republik jetzt in der Friedensarbeit tätig ist; oder Silke und Mario, der nach Syrien nun österreichischer UN-Beobachter in Israel ist.


Gegen 5 Uhr wurde es uns langsam etwas mulmig, da eine Nachtfahrt durch das Palästinensische Autonomiegebiet mit israelischem Kennzeichen nicht unbedingt ratsam ist. Also brachen wir schnell auf und fuhren über die judäische Wüste zurück. Dabei sahen wir unter anderem eine Gruppe Jugendlicher, alle mit Maschinenpistolen bewaffnet, passierten eine streng bewachte jüdische Siedlung (auf palästinensischem Gebiet) und hatten den aufgehenden Vollmond nicht nur genau vor uns, sondern eine ganz ähnliche Landschaft überall um uns herum...


Mittwoch, 23. September 2009

Alltag in Jerusalem


Inja und Tabea gehen in die Schule...

Am 24. August startete die Schule der Kinder, die Anglican International School Jerusalem. Nach einigen unerfreulichen Überraschungen (Anmeldeunterlagen verschollen, fehlende Unterstützung der nicht englischsprachigen Schüler, überfordert wirkende Klassenlehrerin von Tabea, die sich darüber hinaus mit stets gleichem, maskenhaftem Lächeln unseren Fragen entzog u.a.) schauten wir uns auf Empfehlung einer anderen deutschen Familie die Jerusalem American International School (JAIS) an. Diese geht nur bis einschließlich 6. Klasse und ist daher klein und sehr familiär, liegt ruhig gelegen in einem Compound mit Park, hat im Curriculum schon für die Kleinsten wöchentlichen Sch
wimmunterricht vorgesehen, in einer beeindruckenden Schwimmhalle. Einer der Trainer bereitet sich auf Olympia vor. Für Inja und Tabea waren diese Aussichten verlockend und entscheidend, sich nach nur 9 Tagen auf einen erneuten Schulwechsel einzulassen.

Wichtigstes Argument für uns war Tabeas Chance, die erste Klasse mithilfe der täglichen Extra-Nachhilfestunde Englisch für Ausländerkinder zu schaffen, nachdem die Anglican dies nicht für möglich und die Vorschule für geeignet hielt. Immerhin können Erstklässler hier bereits lesen, etwas rechnen und schreiben! Die JAIS - LehrerInnen haben aber die Erfahrung gemacht, dass diese Vorsprünge in der Regel aufgeholt werden und kein Problem darstellen.

Da wir sch
nell entscheiden mussten und beide ein sicheres Gefühl hatten, wechselten wir sofort und mussten ein zweites Mal die Kinder mental einstimmen und ihnen bei der Eingewöhnung zur Seite stehen. Was Inja und Tabea in den letzten Wochen geleistet haben, ist großartig, und wir staunen, wozu Kinder im Stande sind. Sie werden oft von Erwachsenen unterschätzt. Inja benötigte etwa eine Woche zum Loslassen, inzwischen verabschieden sich beide wie selbstverständlich am Eingangstor und gehen Hand in Hand ins Schulgebäude. Sicherlich sind sie auch bald bereit, sich vom Schulbus bei uns daheim abholen zu lassen.

Der Unterricht beginnt um 8 und geht bis nachmittags um 15 Uhr. Beide haben mittags "lunch" und Inja auch eine Ruhezeit. Zu Hause essen wir nochmal gemeinsam. Dann wird gespielt, bevor Tabea ihre Hausaufaufgaben macht, Lesen übt und geigt.


Neben den ü
blichen Unterrichtsfächern haben sowohl Tabea als auch Inja übrigens Computerunterricht, Schwimmen und sogar Hebräisch. Wer weiß, schon bald sprechen die beiden mehr Sprachen als ihre Eltern...

Außerordentlich zufrieden sind wir mit den Lehrern, die sehr kompetent und strukturiert wirken. Wir werden re
gelmäßig per mail über das Befinden, die Hausaufgaben und anstehende Aktionen informiert. Aber bei immerhin 22.000 € jährlichen Schulkosten sollte man ja auch ein bisschen was erwarten dürfen...

Dienstag, 22. September 2009

Masada





Heute hat sich ein Jugendtraum seit dem Kinofilm der 80er Jahre erfüllt - Masada!

Nach Qumran das zweite Highlight am Toten Meer und ca. 50 km weiter südlich gelegen. An der Ostseite windet sich zwar der Schlangenpfad herauf, viel kinderfreundlicher ist allerdings die Seilbahn, die einen auf die 440 m hohen Reste der Herodesfestung bringt.




Auch wenn es inzwischen Zweifler an der Geschichte gibt, sollen sich hier die letzten jüdischen Widerstandskämpfer gegen die Römer ca. 70 n. Chr. verschanzt haben. Diese lagerten in acht verschiedenen Camps unterhalb des Massivs, konnten aber die Zeloten wegen der schier unermesslichen Vorräte nicht aushungern und schütteten stattdessen eine riesige Erdrampe auf, auf der sie ihre Belagerungsmaschinen hochzogen, ein Loch in die Befestigungsmauer schlugen und die Holzbarrieren niederbrannten. Als sie am nächsten Morgen die Festung stürmten, hatten die Eingeschlossenen (960 Männer, Frauen und Kinder) kollektiven Selbstmord begangen. Nur zwei Frauen und fünf Kinder hatten sich in einer Zisterne versteckt und überlebt...

An der Nordspitze ließ sich Herodes einen dreistöckigen Palast bauen, der wie ein Adlernest im Felsmassiv klebt und von wo aus man an klaren Tagen bis nach Jericho schauen kann. Daneben gab es Bäder mit Fußbodenheizung, ein großes Schwimmbad, rituelle Tauchbecken, und die älteste bisher entdeckte Synagoge.




Unseren Ausflug an das Tote Meer beendeten wir in Jericho (der ältesten Stadt der Welt), müde und hungrig, aber voller bleibender Eindrücke. Inja fuhr in der Nacht mit der Seilbahn...

Sonntag, 20. September 2009

Qumran

Hallo liebe Blog-Leser,
momentan genießen wir unsere ersten (und einzigen) freien zusammenhängenden Tage bis Weihnachten, um endlich einmal mehr zu sehen als Altstadt, Schule und Wohnung. Unser erster wirklicher Ausflug führte uns ans Tote Meer, nur eine halbe Stunde, aber 1000 Höhenmeter von Jerusalem entfernt. Schon die Fahrt ist ein Erlebnis, gleich nach der Stadtgrenze beginnt die judäische Bergwüste mit Beduinenzelten und vereinzelten Kamelen. Am Toten Meer bläst einem der Haarföhn ins Gesicht, kein Wunder, liegt es doch ca. 400 m unter Meeresspiegel in der Jordantalsenke. Zum Schwimmen taugt es kaum, es ist an den meisten Stellen sogar verboten, da es gefährliche Strömungen gibt und Schwimmbewegungen in der öligen Brühe fast unmöglich sind. Außerdem stinkt es nach verfaulten Eiern...


Erste Station war Qumran, wo ein Beduinenjunge 1947 auf der Suche nach seiner verlaufenen Ziege in einer Höhle einen verschlossenen Krug mit alten Bibelhandschriften fand. In der Umgebung fand man weitere Rollen, unter anderem die 7,35m lange Jesaja-Rolle, das früheste vollständige Manuskript eines Buches der Bibel, sowie zwei Kupferrollen mit dem Verzeichnis der geheimen Orte, an denen der Jerusalemer Tempelschatz mit mehr als 200 Tonnen Gold und Silber versteckt worden war. Bis heute hat man noch nichts davon gefunden...


Montag, 20. Juli 2009

Marhaban und Shalom!

Vier Wochen sind es nun her, dass wir Deutschland den Rücken gekehrt und unser neues Leben in Jerusalem begonnen haben. Seit dem hat sich natürlich viel ereignet, jeden Tag kommen neue Eindrücke, Erlebnisse und Erfahrungen hinzu, die interessant, aufregend und bisher fast durchweg positiver Natur sind.

Fast normal sind für uns inzwischen schon die Begegnungen mit Menschen unterschiedlichster Nationalität und natürlich Religion - sei es der Muslim, der beim Ruf des Muezzins seinen kleinen Gebetsteppich auf der Straßenkreuzung auspackt und gen Mekka richtet, der Jude, der ganz in schwarz und mit Schläfchenlocken aus der Thora rezitierend zur Klagemauer eilt, der Christ, der barfuß und mit (geliehenem) Holzkreuz auf dem Rücken die Via Dolorosa Richtung Grabeskirche pilgert - alles exisitiert wie selbstverständlich nebeneinander, aber niemals miteinander.

Dass es hier große unterschwellige Spannungen gibt, zeigt sich natürlich in vielen Bereichen. Die Polizeipräsenz ist riesig, fast jeder Polizist ist mit einem Maschinengewehr bewaffnet. Betritt man im israelischen Teil eine öffentliche Einrichtung oder auch nur einen größeren Lebensmittelmarkt, wird jede Tasche durchsucht und gelegentlich nach dem Besitz von Schusswaffen gefragt. Anfangs irritiert, haben wir festgestellt, dass diese Frage ganz selbstverständlich ist: immer wieder trifft man zivile Männer, die an ihrem Gürtel eine Pistole befestigt haben oder, wie vor ein paar Tagen geschehen, blutjunge Siedlerinnen (?), die mit umgehängtem Maschinengewehr durch die Einkaufsstraße bummeln. Neulich kamen wir an einer weiträumig abgesperrten Straßenkreuzung vorbei, beim Weiterfahren bemerkten wir ein unbemanntes 'Mondfahrzeug', das ein paar Plastiktüten nach Sprengstoff durchsuchte. Und eine Kollegin der Schule, deren Mann Kameramann der ARD in Tel Aviv ist, erzählte uns, dass immer wieder mal Personen mit Sprengstoff festgenommen würden. Gestern kam übrigens eine Rakete aus dem Libanon geflogen...
Aber das gehört inzwischen für uns zum Alltag (bis auf Letzteres), und auch die Kinder haben sich an den Anblick gewöhnt. Angst ensteht nicht, wir fühlen uns sicher.

Im nächsten post werden wir dann vom Schulalltag, der arabischen (Schüler-) Mentalität, dem unendlichen Kapitel Autokauf und von unseren großen Kindern berichten, die fleißig Englisch und Hebräisch lernen.

Salamun und Shalom!

Über uns

Mein Bild
Inja, Tabea, Tanja und Oli Hildebrand